Lehrreiche Idylle
Lehrreiche Idylle
Die grüne Lunge der Erde, so wird der Wald auch genannt. Er ist Lebensraum für Tier- und Pfl anzenarten, Rohstoffl ieferant, Erholungsort und Klimaschützer. Die globale Abholzung stellt ein großes Problem dar – deshalb gilt die nachhaltige Waldbewirtschaftung als eine der wichtigsten Aufgaben. Welche Anstrengungen und Kenntnisse dafür nötig sind, das lernen angehende Forstwirtinnen und Forstwirte im Forstlichen Ausbildungszentrum (FAZ) Mattenhof in Gengenbach.
Idyllisch inmitten der Natur gelegen, kann man sich den Mattenhof als kleines Forstunternehmen mit angegliederter Schule und Wohnheim vorstellen. Er wurde 1983 in Betrieb genommen und für seine Architektur und Holzbauweise prämiert. In diesem Umfeld absolvieren alle künftigen Forstwirte aus Baden-Württemberg während ihrer dreijährigen Regelausbildung den Berufsschulunterricht. Zudem werden sie hier überbetrieblich ausgebildet. Sie lernen Fertigkeiten und Fähigkeiten für ihren Beruf, die einzelne Ausbildungsbetriebe nicht abdecken können. Drei bis vier Mal pro Ausbildungsjahr kommen die Auszubildenden für jeweils drei oder vier Wochen zum Blockunterricht auf den Mattenhof.
„Die Verzahnung von Berufsschule und überbetrieblicher Ausbildung hat sich zu einem bundesweit anerkannten Erfolgsmodell entwickelt“, sagt Dr. Maria Hehn, seit sieben Jahren Forstliche Leiterin am Mattenhof. Sieben Forstwirtschaftsmeister, zwei Förster sowie zehn Lehrkräfte unterrichten die jungen Menschen, hinzu kommen Hausmeister, Gärtner und Mitarbeiterinnen im Sekretariat und in der Hauswirtschaft. Während der Prüfungszeiten gleicht der Mattenhof ein wenig einem Bienenstock – es herrscht emsiges Treiben. 100 Prüfl inge und etwa 60 auswärtige Prüfer/innen gehen aus und ein, Forstmaschinen rattern in den Wäldern, die Hauswirtschaft muss in Windeseile den Wechsel in den Wohnheimzimmern vorbereiten. Dann weicht die Idylle einer intensiven Betriebsamkeit.
Ein außergewöhnliches Jahr 2020 war auch für den Mattenhof ein außergewöhnliches Jahr. Nicht nur wegen der Herausforderungen der Reportage — Wärme LEHRREICHE 05. IDYLLE Dr. Maria Hehn, Forstliche Leiterin am Mattenhof Pandemie, sondern auch in technischer Hinsicht. Die alte Heizanlage wurde ausgetauscht, jetzt ist man technisch auf dem neuesten Stand. Was lag näher, als erneut auf Holz als Energieträger zu setzen und eine effi ziente Hackschnitzelheizung zu installieren, die mit dem nachwachsenden Rohstoff Wärme und warmes Wasser erzeugt?
Bisher lieferten zwei Hackschnitzel-Kessel mit 450 kW und 550 kW die benötigte Wärme. Versorgungssicherheit und geringe Störanfälligkeit werden künftig großgeschrieben. Die neue Heizzentrale besteht aus einem modernen Holzhackschnitzelkessel mit nur noch 300 kW, einem neuen, größeren Pufferspeicher mit einem Inhalt von 30.000 Liter und einem Gaskessel für die gegebenenfalls notwendige Abdeckung von Leistungsspitzen. Das bedeutet: mindestens 90 Prozent der Wärmebereitstellung durch Holzhackschnitzel.
Durch diese Kombination steigt die Versorgungssicherheit, weil der Gaskessel im Bedarfsfall den gesamten Wärmebedarf decken kann. Zusätzlich kann der Pufferspeicher für mindestens eine Stunde die Wärme liefern. Die Kombination des Holzhackschnitzelkessels mit Pufferspeicher optimiert den Betrieb und steigert Effi zienz und Zuverlässigkeit der Wärmeerzeugung.
Die Grundlast liefert der Heizkessel mit Hackschnitzeln aus heimischem Holz. Um den Bedarf zu decken, bringt im Winter in der Regel alle zwei Wochen und im Sommer etwa alle drei Monate ein Lkw das Brennmaterial.
Eine störungsarme und effi ziente Wärmeversorgung – dieses Ziel verfolgt der Mattenhof. Wesentlichen Anteil daran haben auch die moderne, übergeordnete Regelungstechnik und der hydraulische Abgleich der Heizkörper. Insofern ist die Hoffnung der Forstlichen Leiterin, künftig am FAZ preiswerter und umweltverträglicher heizen zu können. Zudem verfügt der neue Holzhackschnitzelkessel über einen Elektrofi lter zur Reinigung der Abgase.
Die Stadtwerke Gengenbach sind bei diesem Projekt mit im Boot. In der Rolle eines Ingenieurbüros haben sie die neue Heizzentrale geplant, die Ausschreibung vorbereitet und das Bauvorhaben überwacht und gesteuert.
Zusätzlich ist für die Inbetriebnahme und den Betrieb der Heizanlage Fachkompetenz nötig. Mit den Stadtwerken Gengenbach übernimmt ein passender Partner diese Aufgabe. Eine Voraussetzung für die Fernüberwachung und Steuerung ist jedoch der Anschluss des FAZ an das schnelle Internet. Dabei spielen die Stadtwerke ebenfalls eine wichtige Rolle, denn die Infrastruktur für das Breitbandkabel muss bereitgestellt werden – das ist dann eine andere Geschichte.